ein Projekt der
Stadt Bielefeld

Interview mit Martin Adamski

Der altstadt.raum ist mehr als das Backoffice der Einkaufsstraße“

Er hat einen frischen Blick auf die Bielefelder Altstadt. Seit dem 1. März 2022 verantwortet Martin Adamski das Dezernat 3 Umwelt/Mobilität/Klimaschutz/Gesundheit und ist damit auch für den altstadt.raum zuständig. In Bielefeld hat er sich schnell eingelebt, denn der Dipl.-Ingenieur mit dem Schwerpunkt Landschaftsplanung hat einst hier seine Diplom-Arbeit über das Naturbad Brackwede geschrieben. 

Herr Adamski, wie gefällt Ihnen der altstadt.raum?

Eine Stadt lebt von den Menschen und von der Vielfalt. Der altstadt.raum ist ein toller Ort, an dem sich unterschiedlichste Menschen begegnen. Deshalb würde ich der Gastronomie gern mehr Raum geben. Zusammen mit meinem Team möchte ich die Aufenthaltsqualität weiter stärken.

Wie soll das aussehen?

Wir haben aus der ersten Testphase viel gelernt. Der Versuch altstadt.raum mit der Ausweitung der Gastronomie, mehr Grün, Sandkasten, Kicker, Tischtennisplatten, Eisstockschießbahn war mehr als ein Verkehrsversuch mit Straßensperrungen und einer veränderten Verkehrsführung. Über die Sperrung des Waldhofs für den Autoverkehr, obwohl sie nach kurzer Zeit aufgehoben wurde, gab es viele Diskussionen. Die Fokussierung der Kritiker auf die Erreichbarkeit der Stadt und den vermeintlichen Parkplatzmangel haben zu verhärteten Positionen geführt. In puncto Parkplätze lässt sich übrigens kein Engpass feststellen: Die Parkhäuser der Stadt sind nicht ausgelastet. Und gerade hat der Leineweber Markt mit 380.000 Besucherinnen und Besuchern gezeigt, wie gut erreichbar Bielefeld ist. Der altstadt.raum ist definitiv mehr als das Backoffice der Einkaufsstraße. Um die Stadt attraktiver zu machen – auch mit Blick auf den stationären Handel, der in Konkurrenz mit E-Commerce steht –, wollen wir das Schwarz-Weiß-Denken überwinden. Die erste Phase des Prozesses hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass alle Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Wünschen aufeinander zugehen. 

Es läuft also auf einen Kompromiss hinaus? 

Wir können es nicht allen zu einhundert Prozent recht machen, aber wir wollen die Schnittmenge möglichst groß halten. Zwischen einer Totalsperrung von Straßen und der kompletten Öffnung für den Autoverkehr gibt es viele Zwischenschritte. Es ergibt keinen Sinn, das Autofahren zu verteufeln. Mobilitätsarme Menschen sind auf ein Fahrzeug angewiesen und es gibt andere, die aus vielerlei Gründen auf ihr Auto nicht verzichten können und wollen. Von der letzteren Gruppe wünsche ich mir die Kompromissbereitschaft, dass nicht erwartet wird, überall in der Altstadt direkt vor einem Geschäft parken zu können, sondern dass der kurze Fußweg vom Parkhaus in Kauf genommen wird. Wichtig ist, dass alle Argumente gehört und ernst genommen werden: von Fußgänger*innen, Auto- und Radfahrenden, Besucher*innen aus dem Umland, Anwohner*innen, Gewerbetreibenden, Dienstleistenden, Gastronomie und vielen anderen Stakeholdern. Ich möchte alle an einen Tisch bringen.

Das klingt nach viel Arbeit?

Das ist es auch. Seit ich in Bielefeld bin, habe ich sehr viele Gespräche geführt, sei es mit der IHK, dem Einzelhandelsverband, der Kaufmannschaft Altstadt, der Politik, der Bezirksvertretung Mitte und vielen, vielen mehr. Wir wollen transparent kommunizieren, um eine größtmögliche Zufriedenheit aller zu erreichen. Deshalb wollen wir einen Ideenwettbewerb ausloben. Dieser soll von einem externen Büro moderiert werden. Mir ist dabei interdisziplinäres Arbeiten wichtig. Ideen von Stadt- und Verkehrsplanern und Landschaftsarchitekten können bei einer beispielhaften Gestaltung der Räume einfließen. Dabei werden Möglichkeiten aufgezeigt, wo Parkplätze sein könnten, wie Lieferverkehre fließen oder an welcher Stelle modale Filter – die versenkbaren Pömpel – installiert werden können. Auch Maßnahmen, die bauliche Veränderungen voraussetzen, werden diskutiert. An diesem Prozess sollen alle, die im altstadt.raum leben und arbeiten, aktiv auf Augenhöhe mitwirken. 

Haben Sie schon einen konkreten Bereich, in dem Sie planerische Ideen einbringen möchten?

Für mich bilden Parkhäuser eine Basis der Planung. Wie eben schon erwähnt, sind die Häuser nicht voll ausgelastet. Dort gibt es wertvollen Raum, den wir gut nutzen könnten, für Carsharing beispielsweise. Auch sind sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder oder E-Bikes gefragt. Man könnte auch über die Einrichtung einer Fahrradwerkstatt nachdenken. Wenn wir Teile der Parkhäuser umwandeln, vermeiden wir weitere Flächenversiegelungen und Parkhäuser werden zu Mobilitätsstationen. 

Wie sieht der zeitliche Fahrplan aus?

Momentan arbeiten wir an der regelkonformen Ausschreibung für die Vergabe der externen Moderation. Im Oktober 2022 werden Vorschläge zur Besetzung der Steuerungsgruppe gemacht – sie könnte auch Kern- oder Kommunikationsgruppe heißen. Bis Ende des Jahres 2022 soll die Gruppe, an der Vertreter*innen aller Stakeholder beteiligt sind, vorgestellt werden. Im ersten Quartal 2023 wird der Ideenwettbewerb ausgelobt. Ergebnisse sollten spätestens im zweiten Quartal 2023 vorliegen, damit die Außengastronomie planen kann. 

Welches Ergebnis wünschen Sie sich?

Ich wünsche mir, dass am Ende des Prozesses möglichst viele Menschen glücklich sind und der altstadt.raum dazu beiträgt, Bielefeld zukunftsfähig aufzustellen. Zusammen mit meinem Team möchte ich Menschen zusammenbringen, um den altstadt.raum zu einem Magneten für alle Besucher*innen aus dem Umland und zu einem liebenswerten Ort für alle Bielefelderinnen und Bielefelder zu machen. 

Amt für Verkehr | 660.2
Abteilung Mobilitätsplanung

Technisches Rathaus
August-Bebel-Str. 92, 33602 Bielefeld

Olaf Lewald
Amt für Verkehr
Amtsleiter

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